Art Journaling oder die Kunst der Nicht-Kunst

Art Journal von Annimi mit Seidenpapier und Pinsel - Art Journaling

Ich bin keine Künstlerin. Zumindest sehe ich mich nicht im klassischen Sinne so, obwohl ich ja auch Dinge erschaffe. Was ich bin (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): Kreative, Illustratorin, Autorin, Designerin,Viechermutti…

Abgesehen von der Näherei, finden die meisten meiner Tätigkeiten am Computer statt. Meine Illustrationen entstehen ausschließlich digital und meine Texte auch –  egal, ob für meine oder anderer Leute Viecher. Und wenn ich die entsprechende Abwechslung bekomme, ist das auch alles schick. Aber manchmal juckt’s mir in den Fingern, etwas “Analoges” zu machen. Und vor allem: etwas Unzensiertes ohne Anspruch auf “das muss richtig toll werden” oder “das ist zu dem und dem Zweck”. Wie gut, dass ich neulich über das Thema Art Journaling gestolpert bin. Denn genau da bringt man analog und unzensiert zusammen.

Art Journaling als künstlerischer Ausdruck ohne den inneren Kritiker

Ein Art Journal ist ein Tagebuch, in dem man sich auf verschiedenste Weise kreativ austoben kann. Man kann darin malen, schreiben, rumschmieren, basteln, lochern, tackern, schnüren, kleben, fitzeln, futzeln, lackieren, tapen, stempeln… und das mit den unterschiedlichsten Materialien. Dabei sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Dem inneren Kritiker schon. Denn beim Art Journaling geht es darum, sich (künstlerisch) auszudrücken, ohne sich selbst einzuschränken. Man kann einfach loslegen und gucken, wohin einen der kreative Prozess trägt. Das Ergebnis einer (oder mehrerer) Sessions wird nicht zensiert, also möglichst nicht als “gelungen, “schön”, “hässlich” oder “peinlich” bewertet. Das Tun ist wichtig und der Spaß dabei.

Sich eingrooven mit dem Art Journal

Leute wie ich, denen es schwer fällt, “einfach nur so” etwas zu machen und ihre eigenen Kreationen immer recht perfektionistisch betrachten, brauchen eine kleine Eingewöhnungszeit für das Art Journaling. Es gibt ein paar Dinge, die dabei helfen:

  • Mach dir klar, dass dein Art Journal nur für dich ist. Niemand außer dir guckt da rein. Und du kannst selbst entscheiden, ob du dir deine “Werke” noch mal anschaust oder sie einfach überblätterst.
  • Stell dir vor, du wärst noch mal Kind. Denk einfach nicht drüber nach, was du da machst, sondern mach es einfach.
  • Nimm dir fest vor, dich selbst nicht so ernst zu nehmen. Das kannst du in deinem Job tun. Aber nicht hier, denn das ist Freizeit!
  • Probiere neue Medien aus. Nimm dir etwas zum Kreativsein, mit dem du noch keine Erfahrung hast. Etwas, das du nicht ständig in deinem “perfekten Job” machst und so Gefahr läufst, wieder zu zensieren.
  • Sei nett zu dir. Wenn du feststellst, dass du doch mit einem gewissen Anspruch ans Art Journaling herangehst oder deine Seiten kritisch beäugst oder dich sogar albern dabei fühlst –  so what?! Du musst nicht sofort perfekt im Unperfektsein sein. 😉

Artjournaling mit Seidenpapier - Tissue painting

Malen mit Seidenpapier - Tissue painting

Anlässe und Themen finden

Selbst, wenn man sich beim Art Journaling künstlerisch treiben lässt, kann man sich natürlich vorher überlegen, worüber man “schreiben” möchte. Oder auch, wobei einem der kreative Prozess vielleicht helfen soll. Das ist ja der grundlegende Charakter eines Tagebuchs. Hier ein paar Anregungen und Beispiele, wozu das Art Journal genutzt werden kann:

  • Festhalten von Erlebnissen – der Klassiker: Du hast etwas Tolles erlebt und möchtest ein Bild oder eine Stimmung festhalten. Vielleicht hast du auch etwas, das du einkleben kannst – ein Konzertticket, Konfettischnipsel, Fotos…
  • Brainstorming: Du möchtest dir zu einem bestimmten Thema Gedanken machen und Ideen sammeln. Ob Collagen, Zitate, Farbklekse oder sonst was – du kannst dein Art Journal wie ein Moodboard nutzen. Privat oder auch geschäftlich. Und denk dran: Bei einem Brainstorming wird “gestürmt”, nicht gezögert.
  • Verarbeiten von Stimmungen: Du bist so richtig mies drauf und dir ist zum heulen zumute. Gehe dieser Stimmung auf den Grund, indem du sie künstlerisch zum Ausdruck bringst. Oder versuche, sie ins Positive zu wenden, indem du dich bewusst in eine fröhliche Kreation stürzt. Andersherum kannst du natürlich auch festhalten, wenn du gerade vor Freud explodierst.
  • Motivation: Du hast einen schwierigen Termin/Job/Whatever vor der Brust und bist weder dazu motiviert noch in dieser positiv-lockeren Flow-Stimmung, die alles gelingen lässt. Mit deinem Art Journal kannst du etwas Kreatives schaffen und dich so in Schwung und in eine zuversichtliche Stimmung bringen.

Mein Start: Malen mit Seidenpapier

Es gibt noch zig andere Anlässe, sein Art Journal rauszuholen und sich damit zu beschäftigen. Ich kann da noch gar nicht richtig aus Erfahrung sprechen, weil ich das Ganze gerade erst für mich entdeckt habe. Bisher habe ich es nur so genutzt, wie oben beschrieben: “zum einfach mal machen”. Und das hat mir sehr gut gefallen. Übrigens bin ich bei meinem Gegoogel zum Thema Art Journaling über eine tolle Technik gestolpert: Malen mit Seidenpapier. Mir hat das tierisch viel Spaß gemacht, weil man wirklich lustig drauflos probieren kann, es super einfach ist und die Ergebnisse immer neu und überraschend sind. Wer wissen möchte, wie es geht, schaut sich mal dieses Video auf Youtube an.

So, und ich mach mich jetzt auch noch mal an mein Art Journal. Ein Hoch auf die Nicht-Kunst! 😉

Art journaling mit Aquarellfarben und Seidenpapiertechnik

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